Umlaute, Irrläufer – was man beim Umgang mit dem beA wissen sollte

19. Juli 2022
Anke Stachow

Seit Anfang dieses Jahres müssen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte ihre Dokumente den Gerichten auf elektronischem Wege über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) senden. Auch wenn der Gesetzgeber die Übergangszeit bis zur aktiven Nutzungspflicht relativ großzügig bemessen hatte, müssen sich die Gerichte immer häufiger mit rechtlichen Fragen rund um die Nutzung des beAs beschäftigen. Hier eine Zusammenfassung interessanter Gerichtsentscheidungen, die in der Vergangenheit zu diesem Thema gefällt wurden.

Nutzungspflicht: Anwältinnen und Anwälte müssen ihre Dokumente über das beA übermitteln. Das entschied das Verwaltungsgericht (VG) Berlin kürzlich in einem Eilverfahren (Az.: Vg 12 L 25/22) Der Rechtsanwalt hatte seinen Schriftsatz, in dem er sich gegen eine gegen ihn gerichtete Zwangsvollstreckung wehrte, an das Gericht gefaxt. Seine Begründung: Es gäbe immer noch Zugangsstörungen. Außerdem sei es für ihn zu aufwändig, die Dokumente einzuscannen und elektronisch nachzureichen. Das Gericht wies seinen Eilantrag als unzulässig ab und verwies auf die seit Jahresanfang auch für die Verwaltungsgerichtsbarkeit geltende aktive Nutzungspflicht für das beA. Das gilt auch, wenn sich Anwälte in eigenen Angelegenheiten vertreten wie in diesem Fall.

Umlaute: Sonderzeichen im Dateinamen können unter Umständen die technische Weiterverarbeitung erschweren. Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte müssen jetzt aber keine Nachteile befürchten, wenn sie Dokumente über das beA versenden, die im Dateinamen Umlaute enthalten. Das Dokument gilt dann als eingegangen, auch wenn es nicht weitergeleitet oder weiterbearbeitet werden kann. So lautet ein aktueller Beschluss des Bundesgerichtshofs (Az. VI ZB 25/20). Schon zuvor hatte der Bundesgerichtshof entschieden, dass „ein über das beA eingereichtes Dokument wirksam bei Gericht eingegangen sei, wenn es auf dem für dieses eingerichteten Empfänger-Intermediär im Netzwerk für das elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) gespeichert worden“ sei (Az.: X ZR 119/18).

Irrläufer: Anders sieht es aus, wenn der Schriftsatz an das falsche Gericht adressiert wurde. Dann gilt er nicht als wirksam zugegangen, auch wenn er sich auf dem zentralen Empfangsserver der Gerichte eines Bundeslandes befindet. Das entschied das Oberlandesgericht Bamberg (Az.: 2 UF 16/22). Das nicht-zuständige Gericht sei auch nicht in jedem Fall verpflichtet, den „Irrläufer“ weiterzuleiten. Das OLG weist aber daraufhin, dass ein Schriftsatz, der mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist, vom unzuständigen an das zuständige Gericht elektronisch weitergeleitet werden kann. Allerdings gehöre der elektronische Versand zwischen den Gerichten bei falschen Adressen bislang noch nicht „zum gewöhnlichen Geschäftsgang“.

Signatur: Normaler Weise genügt eine einfache Signatur, wenn Anwältinnen und Anwälte Schriftsätze selbst über ihr beA versenden. Diese muss aber die Identifizierung des Unterzeichners ermöglichen. Bei einer unleserlichen eingescannten Signatur ist der Schriftsatz nicht wirksam zugegangen. Das geht aus einer Entscheidung des Bundessozialgerichts hervor (Az.: B 5R 198/21). In dem vorliegenden Fall hatte ein Kanzleikollege die Übermittlung über sein Postfach und mit seinem eigenen Absendezertifikat übernommen. Unter dem Schriftsatz befanden sich zwei unleserliche Namenskürzel und der Zusatz „für den verhinderten Rechtsanwalt“. Das reicht jedoch für eine wirksame Zustellung nicht aus, entschied das Bundessozialgericht. Auch das Bundesarbeitsgericht hatte bereits zuvor festgestellt, dass ein Schriftsatz nur dann über das beA als „sicherer Übermittlungsweg“ eingereicht wurde, wenn die Person, die das Dokument signiert hat und verantwortlich ist, auch mit dem tatsächlichen Versender übereinstimmt (Az.: 10 AZN 53/20).

Sicherheitspuffer: Anwältinnen und Anwälte sollten auch bei der Übermittlung von Dokumenten über das beA einen Sicherheitspuffer einbauen, damit sie auf etwaige technische Störungen reagieren können, empfiehlt das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen. Ein Anwalt hatte 70 Sekunden vor Fristablauf einen fristgebundenen Schriftsatz an das Gericht übermittelt, der jedoch wegen Verzögerungen bei der Datenübertragung erst zwei Sekunden nach Fristablauf einging. Das sei zu spät, befand das Verwaltungsgericht und stützte sich in seiner Begründung auch auf ältere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Telefax. Das Gericht hatte eine Zeitreserve von mindestens 20 Minuten bei Faxübertragungen empfohlen.

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