Chat GPT kann die Anwältin oder den Anwalt nicht ersetzen

9. Februar 2023
Anke Stachow
ChatGPT

Chat GPT kann sich derzeit vor Anfragen nicht retten. Zu groß ist der Hype um den Chatbot. Inzwischen sollen 100 Millionen Menschen auf das bislang noch kostenlose Tool zugreifen und in den Medien häufen sich die Berichte, wie radikal dieser Chatbot die Welt verändern und manchen „white collar“- Beruf sogar das Ende bescheren wird.

Dabei ist Chat GPT, die Abkürzung für „Chat Generative Pre-trained Transformer“ erst seit November 2022 für die breite Öffentlichkeit zugänglich. Vorgestellt wurde es von OpenAI, einem einflussreichen Forschungslabor in Sachen Künstliche Intelligenz in den USA. Es handelt sich dabei um ein textbasiertes Dialogsystem, das in ganz natürlicher Sprache die Fragen der Nutzer beantwortet oder Texte für sie verfasst. Chat GPT basiert auf der Deep-Learning-Techologie. Dafür wird der Chatbot mit riesigen Datenmengen gefüttert, die aus Online-Foren, sozialen Medien, Nachrichten, Büchern und gesprochener Sprache stammen. Die vielen Nutzer sind fasziniert, wie der Chatbot diese Informationen in einen sinnvollen Zusammenhang bringt. Das gilt auch für juristische Themen. Für Schlagzeilen sorgte Chat GPT vor einiger Zeit mit der Nachricht, dass das Programm Teile der US-amerikanischen Anwaltsprüfung bestanden hatte.

Janko Geßner, Partner der auf öffentliches Recht spezialisierten Kanzlei DOMBERT Rechtsanwälte in Potsdam, hat kürzlich den Chatbot ausprobiert. Selbst bei speziellen Fragen zum Windenergierecht, einem Spezialgebiet Geßners, musste Chat GPT nicht passen. Hier eine kleine Kostprobe: Auf die Frage „wie viel Abstand zu einem Rotmilanhorst muss eine Windenergieanlage einhalten?“ antwortete Chat GPT: „In Deutschland muss ein Abstand von mindestens 1 km zu einem Rotmilanhorst eingehalten werden, wenn es sich um eine Windenergieanlage mit einer Nabenhöhe von mehr als 100 Metern handelt. Dieser Abstand gilt auch für geplante Windenergieanlagen. Die Regelungen zum Abstand von Windenergieanlagen zu Naturschutzgebieten und zu besonders geschützten Arten können jedoch von Land zu Land unterschiedlich sein und es kann spezielle Regelungen geben, die von dieser allgemeinen Regelung abweichen. Es ist daher empfehlenswert, sich bei der Planung von Windenergieanlagen genau über die geltenden Vorschriften im betreffenden Land und Region zu informieren.“

„Diese Antwort ist beeindruckend für diejenigen, die sich nicht täglich mit solchen Rechtsfragen befassen. Sie offenbart aber auch die Schwächen des Chatbots“, stellt Experte Geßner fest. So sind ist die Antwort sehr allgemein gehalten; insbesondere basierten sie auf dem Informationsstand von 2021. In der Zwischenzeit sei aber sehr viel gesetzgeberische Dynamik in die Debatte gekommen. „In der Anlage zum Bundesnaturschutzgesetz ist seit 29.07.2022 für den Rotmilan ein absoluter Mindestabstand von 500 m und als zentraler Prüfbereich ein Abstand von 1.200 m vorgesehen. Das gilt in allen Bundesländern gleichermaßen. Das findet sich in der Antwort des Chatbots nicht“, erklärt Geßner.

Auch Christian Solmecke, Partner der Kanzlei WBS Legal in Köln, hat in seinem Youtube-Video Chat GPT getestet und dem Tool verschiedene Rechtsfragen vorgelegt. Er bemängelte, dass die Aussagen längst nicht so treffsicher seien, wie Juristen es bräuchten und die Mandanten es erwarten würden. Chat GPT sei eben ein Sprach- und kein Wissensmodul.

„Das Tückische bei den Antworten von Chat GPT ist, dass der Chatbot auch bei völliger Ahnungslosigkeit sicher Antworten gibt, die für den Laien vielleicht plausibel klingen, aber falsch sind. Er lässt sich korrigieren, bestätigt aber auch falsche Korrekturen. Zudem nennt er keine Quellen“, berichtet Christian Rekop. Der Leiter Business Development, Legal Tech und Services bei Soldan hat das Tool ebenfalls getestet.

Auch andere Experten kommen zu dem Schluss, dass sich Chat GPT für die juristische Kerntätigkeit wie die Überprüfung und Bewertung von Fakten nicht eignet. Der Bot kann die Anwältin oder den Anwalt nicht ersetzen  – oder besser noch nicht. Er kann jedoch bereits heute ein sinnvolles Werkzeug im Kanzleialltag sein, indem er dazu beiträgt, Arbeitsprozesse zu optimieren. Und wer weiß, was der Chatbot demnächst alles kann? Eine weitere Entwicklungsstufe ist bereits für dieses Jahr geplant.

Lösungen zum Thema 

Interessante Seminare

Sie haben Fragen? Wir sind für Sie da

0201 8612-251

Weitere interessante Blogbeiträge

ChatGPT

Chat GPT kann die Anwältin oder den Anwalt nicht ersetzen

9. Februar 2023
Anke Stachow
Chat GPT kann sich derzeit vor Anfragen nicht retten. Zu groß ist der Hype um den Chatbot. Inzwischen sollen 100 Millionen Menschen auf das bislang noch kostenlose Tool zugreifen und in den Medien häufen sich die Berichte, wie radikal dieser Chatbot die Welt verändern und manchen „white collar“- Beruf sogar das Ende bescheren wird. Dabei […]
Weiterlesen
Melden Sie sich zum Newsletter an
Jetzt kostenlos anmelden
Besuchen Sie uns auf Social Media
usertagphone-handsetcalendar-fullmagnifiercrossmenuchevron-up