Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte müssen unverzüglich darüber informieren, wenn sie wegen technischer Probleme ihre Schriftsätze nicht über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) bei Gericht einreichen können. Das geht gleich aus zwei aktuellen Entscheidungen hervor.
In dem Fall, über den der Bundesgerichtshof (BGH) zu befinden hatte, wollte ein Steuerberater sein Honorar einklagen, unterlag jedoch beim Landgericht. Sein Anwalt hatte gegen das Urteil beim Oberlandesgericht (OLG) Berufung eingelegt – allerdings auf dem Postweg. Das OLG wies ihn daraufhin, dass sein Rechtsmittel unzulässig sein könnte, weil er es nicht auf elektronischem Wege eingereicht habe. In einer zweiten Berufungsbegründung – wieder über den Postweg – erklärte der Anwalt mit eidesstattlicher Versicherung, dass ihm die elektronische Übermittlung nicht möglich sei, weil seine beA-Basiskarte versehentlich nicht für die Versendung von Empfangsbekenntnissen programmiert worden sei. Diese Erklärung erfolgte aber zu spät, entschied der BGH (Az.: IX ZB 17/22 vom 17.11.2022). Die Einreichung der Berufungsbegründung sei unwirksam, weil der Kläger bei der Einreichung seiner Berufungsbegründung in Schriftform beim Berufungsgericht nicht seine Hinderungsgründe für die elektronische Übermittlung glaubhaft dargelegt habe, obwohl er von den technischen Problemen wusste. In einem solchen Fall sei es ohne rechtliche Wirkung, wenn nachträglich die Voraussetzungen für eine Ersatzeinreichung dargelegt und glaubhaft gemacht werden, so der BGH.
Ähnlich entschied auch das Finanzgericht (FG) Münster (Az.: 9 K 1957/22 E,G vom 7.12.2022). In diesem Fall hatte ein Rechtsanwalt Mitte August 2022 Klage per Telefax und am Folgetag per Brief eingereicht. Das Gericht wies ihn darauf hin, dass er verpflichtet sei, seine Dokumente elektronisch zu übermitteln. Erst im darauffolgenden Monat erklärte der Anwalt dem Gericht, dass er von Juni bis August 2022 technische Probleme bei der Einrichtung seines beAs gehabt habe. Er dokumentierte dies auch mit Screenshots und einer schriftlichen Bestätigung seines Mitarbeiters. Seine Klagen seien verspätet und damit unzulässig, entschied jedoch das FG Münster. Auch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wurde ihm nicht gewährt, denn er hätte seine vorübergehenden technischen Probleme mit dem beA unverzüglich glaubhaft machen müssen, wie es das Gesetz vorschreibt (§ 52d FGO). Stattdessen habe er das Gericht erst gut zwei Wochen nach Klageerhebung darüber informiert.
Anke Stachow ist freie Journalistin mit dem Schwerpunkt „Recht und Steuern“. Seit Anfang 2015 schreibt sie für Soldan regelmäßig über Themen, die Anwälte und Steuerberater interessieren. Anke Stachow hat viele Jahre als Redakteurin für die Financial Times Deutschland und die Frankfurter Allgemeine Zeitung gearbeitet.